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Wiebke Maria Wachmann

 

 

 

Weißes Licht, als Strahlen empfunden…

 

 

 

 

Weißes Licht, als Strahlen empfunden- nicht einfach durch äußerliches Einwirken leuchtend Sondern wie in Monets Grainstacks Serie, in der ein rotes Licht wie ein inneres Leuchten erscheint. Als ob aus einem undichten Speicher eine Art Energie ausliefe und damit eigenes Leuchten freigäbe.  Dieses unheimliche Leuchten in Monets Grainstacks steht stellvertretend für ihre Aufgabe, nämlich wie ein Bollwerk gegen sozialen Zerfall zu wirken, als Speicher des Sonnenlichts zu dienen, das - überlebenswichtig für die Mensch-heit - als rotes Glühen entweicht.  Wachmanns weiße Räume dienen ebenfalls dem Überleben. Als Mahnung an das Ideal unserer sinnlichen Wahrnehmung des Raumes; eines Ehrfurcht einflößenden Raumes oder eines Raumes mit Bedeutung für Werte jenseits des Alltäglichen. Oder vielleicht als Teil des Alltäglichen- jetzt vergessen- nicht durch den Verfall des Gesellschaftlichen sondern des Geistigen. Als ein Hort des Vollkommenen oder eines möglicherweise darin eingeschlossenen, verklär-ten Wertes, auslaufend als weiße Aura.  Wenn wir - als Sehende dieses Wertes – ermahnt werden, taucht ganz von selbst der Gedanke auf, dass wir selbst als menschliche Wesen die Quelle für die Ausgabe solcher Werte in der Welt sind und dass wir sie vielleicht häufiger vergeben müssten. Häufiger, um die uns umgebende Wirklichkeit zu verbessern. 

 

Aus dem gerade Gesagten ergibt sich, dass wir nun unterscheiden sollten zwischen zwei Arten des Sakralen oder-um eine andere Betrachtungsweise heranzuziehen- zwischen zwei Aspekten des sogenannten Sublimen. Zwei Herangehensweisen also, auf andere Zeiten, andere Räume zu verweisen. Die erste Gruppe von Wachmanns Bildern, Installationen und Räumen beschwört das rein Sakrale, einen fast religiösen Raum oder eine Stätte schaffend. Eine Stätte nicht nur in dem Sinne eines besonderen Raumes, sondern - darüber hinaus – mit einer übereinstimmenden besonderen Zeit, mit einem Bezug über die Zeit hinaus.  Im Weiß des Raumes, des Waldes, der Birkenstämme, (die uns an die sakralen Räume von Tarkovskys Filmen erinnern), werden wir Zeugen der Beschwörung eines heiligen Ortes. Natur als Ort. Als Raum. Wessen Raum? Der Raum eines anderen. Beides- der Raum eines anderen als auch der unseres Dinglichseins; Projektion unserer selbst als übernatürlichen Bewohners. Unser anderes Ich – nicht das Unbewusste, aber die Wahrnehmung des Selbst als Sublimes – immer rätselhaft, außerweltlich, abseits des Anderen, entstanden aus dem Anderssein, (einer vergangenen Sprache und Kultur ), abstrahierter, personifizierter Geist .Unser Zuhause. Wie es in idealer Weise sein könnte.

 

Die zweite Gruppe von Wachmanns Installationen zeigt ein eher technisch gestaltetes Sakrales.Themen werden dort in technischer Weise hinterfragt, wie zum Beispiel im Falle der Tisch - und- Spiegel Installation. Unendlichkeit ist zweifellos ein Aspekt des mathematisch Sublimen. Ein messbar hervorgerufener Schwindel fordert Vermutungen über die Realität heraus. Das Gefühl, etwas zu hinterfragen, entsteht auch im Echo des Selbst in grenzenloser Abfolge, die aus der Teilnahme an der künstlichen Welt herrührt, (eine Art Ritual, das das Selbst erschüttert – wie alle Arten sublimer Ritualität). Beides – das Selbst einzufrieren als auch zu erschüttern – deutet in visionärer Gebärde auf die Massenproduktion der Konsumgesellschaft hin. Wenn jetzt auch noch der unheimliche Aspekt der Wiederholung eingesetzt wird, wird das sichtbare und fragmentarische Wesen des Selbst hervorgehoben. Die Wiederholung leugnet die bestätigende Übereinstimmung von Erkenntnis durch ein einziges, regloses Bild. Wie dem auch sei, gleich einem Ritual, einem Versuch, bei dem wir uns nochmals selbst vergewissert haben und von dem wir zurückkehren – wenn auch - oder gerade weil- leicht erschüttert.

 

Weiße Nächte, strahlendes Erdenrund. Ein künstlicher Mond. Eine verklärte Nacht – ermöglicht durch das technisch Erhabene. Alles ist verwandelt durch den neuen Mond; ein neuer Raum, - eine neue Zeit; alles ist verwandelt, was nach alledem von Menschenhand geschaffen ist. Ein utopischer oder gereinigter, sakraler oder verklärter Raum -oder Zeit- wird von Wachmanns Kunst erweckt. Ein Wiederzusammenfügen der Scherben in unserem Gefühl für Wunder, wenn auch nur auf der Ebene des Idealen oder Illusorischen. Und das Versprechen, dass ihre Wiederentdeckung als dauerhafte Patina im Reiche des Alltäglichen standhält.

 

 

 

 

 

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